Die Frauen-Teamsportarten in Deutschland hinken ihren männlichen Pendants in vielen Bereichen noch immer hinterher. Die fünf größten deutschen Mannschaftssportverbände wollen die Lücke schließen.

Svenja Brunckhorsts Erinnerungen an die magische Olympianacht von Paris sind noch immer lebendig. „Ich bekomme jedes Mal wieder Gänsehaut“, sagte die 3×3-Olympiasiegerin in Berlin. Bei den Sommerspielen hatte die frühere Basketballerin mit Gold für einen Höhepunkt gesorgt, in der Karriere nach der Karriere ist die langjährige Nationalmannschaftskapitänin inzwischen aber mit ganz anderen Herausforderungen konfrontiert.

Als neue Managerin für den Mädchen- und Frauenbasketball bei Alba Berlin befasst sich die 32-Jährige im Alltag mit der Aus- und Weiterbildung von Trainerinnen oder der Verbesserung der Hallen-Infrastruktur. Im Kleinen setzt sich Brunckhorst so zur Lösung einer viel größeren Problematik ein: Dem Frauen-Teamsport fehlt es in vielen Bereichen an nachhaltig professionellen Strukturen.

Eine Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern herrscht in vielen Disziplinen nicht. „Ich möchte etwas zurückgeben, als Vorbild dienen und Teil der Weiterentwicklung sein“, sagte Brunckhorst, als sie am Mittwoch unweit des Berliner Regierungsviertels bei der zweiten Frauen-Teamsportkonferenz mit namhaften Vertretern aus Sport, Politik, Medien und Wirtschaft – darunter auch DBB-Präsident Ingo Weiss und DBB-Geschäftsführer Heinz Schoenwolf – diskutiert.

Die Interessensgemeinschaft der fünf größten deutschen Mannschaftssportverbände (Fußball, Eishockey, Basketball, Handball, Volleyball) war zusammengekommen. Es gab viel zu bereden: Strukturen, Professionalisierung, Nachwuchs, Sichtbarkeit – die Frauen-Teamsportarten stehen in Deutschland in weiten Teilen im Schatten ihrer männlichen Pendants.

Ein Problem sind niedrige Frauenquoten bei den Aktiven. Im Eishockey lag der Frauenanteil im Jahr 2023 beispielsweise nur bei elf Prozent. Im Fußball waren es mit knapp 16 Prozent kaum mehr. Mit 1,17 Millionen Aktiven ist der Deutsche Fußball-Bund (DFB) im Vergleich aber gut aufgestellt – und will diese Zahl steigern.

„Wir merken, der Frauenfußball zieht an. Er hat wachsenden Zuspruch, er hat herausragende Zuschauerzahlen“, hatte DFB-Präsident Bernd Neuendorf am Rande des wiederbelebten Supercups Ende August gesagt. In der Frauen-Bundesliga steht zur Saison 2025/26 die Aufstockung um zwei Klubs an. Statt wie bisher zwölf Vereine gehen dann 14 Teams an den Start. Weitere strukturelle Verbesserungen sollen folgen. Leistungszentren sollen gestärkt werden, auch über ein Mindestgehalt wird diskutiert.

Den Frauen-Teamsport finanziell abseits des gut situierten Fußballs auf eigene Beine zu stellen, ist eine der großen Herausforderungen. Die mediale Sichtbarkeit muss gesteigert, Vorbilder geschaffen werden. Die Austragung von Turnieren der Frauen bietet dafür einen guten Rahmen, ist aktuell für die gastgebenden Verbände aber defizitär und braucht eine verstärkte Förderung durch die Bundespolitik.

An Events mangelt es trotzdem nicht. Die Handball-WM 2025 wird in gemeinsamer Austragung mit den Niederlanden in Deutschland stattfinden, Hamburg ist Spielort für eine Vorrundengruppe der Basketball-EM 2025, die WM 2026 findet in Berlin statt. Der DFB bemüht sich um die EM 2029.

Dass Teamsportarten in beiden Geschlechtern gleichwertigen Anklang finden können, zeigen die Volleyballer. Man sei „ein sehr positives Vorbild“, sagte Kim Renkema, Sportdirektorin beim Bundesligisten Allianz MTV Stuttgart. Der Weg aus dem Schatten der Männer sei im Fußball nicht gänzlich möglich, dennoch könne man in anderen Bereichen „eigene Merkmale“ und eine „eigene Marke“ entwickeln.

Der wichtigste Antreiber bleibt dafür der sportliche Erfolg. „Ich habe über 20 Jahre Basketball gespielt und hatte nie so eine Plattform und mediale Aufmerksamkeit“, sagte Brunckhorst und erinnerte sich an die magische Nacht von Paris: „Die Goldmedaille hat auf jeden Fall geholfen. Wir sind im Kommen.“

(SID)