Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und der Deutsche Basketball Bund (DBB) warnen eindringlich davor, in der sich abzeichnenden Energiekrise die Fehler aus der Corona-Pandemie zu wiederholen und Schwimmbäder und weitere Sportstätten erneut zu schließen.
„Der vereinsbasierte und gemeinwohlorientierte Sport ist wesentlich mehr als eine Freizeitaktivität. Er ist unverzichtbarer Teil der sozialen Daseinsvorsorge und erfüllt wichtige soziale und gesundheitsfördernde Funktionen für die Gesellschaft. Dies muss bei allen Entscheidungen zur Gas- und Wärmeversorgung berücksichtigt werden“, sagt der DOSB-Vorstandsvorsitzende Torsten Burmester.
„Der DBB unterstützt den DOSB bei dieser Initiative zu hundert Prozent. Wir sind weiterhin der Ansicht, dass der Sport essenziell wichtig für das Gemeinwohl und für die Gesundheit der Gesellschaft ist. Daher schließen wir uns dem dringenden Appell an, Schwimm- und Sporthallen im Falle einer Energiekrise mit Reduzierung der Gasmengen nicht erneut zu schließen und damit große soziale, sicherheitsspezifische und gesundheitliche Schäden zu verursachen“, so DBB-Präsident Ingo Weiss.
Der DBB fordert gemeinsam mit dem DOSB die Verantwortlichen in Bund, Ländern und Kommunen auf, für das Schwimmen lernen geeignete Bäder bzw. Wasserflächen so lange wie möglich geöffnet zu halten. Im weiteren Jahresverlauf gelte dies auch für Sporthallen.
Sie verurteilen die Empfehlung des Deutschen Städtetages, kurzfristig Hallenbäder (nicht Spaßbäder) zu schließen – was drastische Folgen für die Sicherheit und Lebensqualität der Bürger*innen, insbesondere für Kinder und Jugendliche, in Kauf nimmt. „Rund 60 Prozent der Zehnjährigen sind keine sicheren Schwimmer*innen“, sagt Michaela Röhrbein, DOSB-Vorstand Sportentwicklung.
Bereits durch die Corona-Pandemie haben die rund 90.000 Sportvereine Mitglieder und ehrenamtlich Engagierte verloren. „Zahlreiche Menschen leiden zunehmend unter Bewegungsmangel im Alltag und den physischen und psychischen Folgen“, ergänzt Röhrbein. Jedes sechste Kind habe im Verlauf der Pandemie an Gewicht zugenommen, 6 Prozent leide an Adipositas und 31 Prozent der Kinder im Alter von 7 bis 17 Jahren haben psychische Auffälligkeiten. Ein Drittel der älteren Menschen erreicht nicht die WHO-Empfehlungen zum Mindestmaß an Bewegung. Je körperlich aktiver ältere Menschen sind, umso seltener sind sie depressiv oder ängstlich. Diese gesellschaftlichen Schäden dürften durch erneute Schließungen von Sporthallen und Bädern nicht noch weiter verstärkt werden. Im Übrigen gehe es bei den Schwimmbädern nicht nur um Gesundheitssport, sondern auch um Schwimm- und Rettungsausbildung zur Vermeidung des Ertrinkungstodes.
Laut dem Expert*innenrat der Bundesregierung zu COVID-19 muss „die Sicherung der sozialen Teilhabe durch […] sportliche und kulturelle Aktivitäten weiterhin höchste Priorität genießen“. Diese Bewertung muss auch auf die Energiekrise übertragen werden.
Finanzielle Belastung der Sportvereine durch Preissteigerungen
Die deutschen Sportvereine werden von der aktuellen Krise nach der Pandemie erneut auch finanziell getroffen. Neben Entlastungen für Privatpersonen und Unternehmen bedarf es auch direkter finanzielle Hilfen für Sportvereine. Beitragserhöhungen sind keine Option, da die Vereinsmitglieder auch privat massiv von den Preissteigerungen betroffen sind. Bund und Länder dürfen die Kommunen mit den Energiepreissteigerungen nicht allein lassen.
Sportstätten langfristig unabhängig von fossilen Brennstoffen machen
Langfristig gilt es, die Sportstätten von fossilen Energien unabhängig zu machen. Mit umfassenden energetischen Beratungen (Ökochecks/Energiechecks), darauf basierenden Investitionen und zusätzlichen Förderlinien (Investitionszuschüsse/zinslose Darlehen) kann die Umrüstung auf regenerative Energieträger vorangetrieben werden. Ein Beispiel: Die Dachflächen von rund 39.000 deutschen Sport- und Tennishallen bieten ein großes Potenzial für Kommunen und Sportvereine, Sportanlagen so schnell wie möglich weitgehend mit regenerativer Solarenergie zu versorgen.
Gleichzeitig sieht sich der gemeinwohlorientierte Sport unter dem Dach des DOSB auch selbst in der Verantwortung, Energie- und Gasverbräuche zu reduzieren. In Abstimmung mit der Bäderallianz wird ein Drei-Stufen-Plan für den Betrieb der überwiegend gasbetriebenen Bäder für den Fall einer Gasnotlage, insbesondere für Schulen und Vereine, vorgeschlagen:
Stufe 1: Abschaltung der hochtemperierten Außenbecken, und ggf. zusätzlich Freibäder unbeheizt bis zum Saisonende weiter betreiben
Stufe 2: Alle freizeitaffinen Becken und Saunen (alles außer Sportbecken und Lehrschwimmbecken) außer Betrieb nehmen
Stufe 3: Wassertemperatur in den verbleibenden Sport-/Lehrschwimmbecken auf 26 °C absenken
Fakten zur Situation der deutschen Sportstätten
In Deutschland existieren etwa 230.000 Sportstätten, darunter 39.000 Sport- und Tennishallen, 9.340 Bäder, 8.000 Schießanlagen und 60.000 Vereinsheime bzw. Funktionsgebäude. Insgesamt übernehmen für etwa zwei Drittel der Sportstätten Kommunen die Trägerschaft, bei dem verbleibenden Drittel sind Sportvereine die Eigentümer. Der Sanierungsstau bei den Investitionen für Sportstätten verursacht vor allem beim Thema Energie negative Folgen: Da viele Sportstätten im Zuge der “Goldenen Pläne” gebaut wurden und seither nicht mehr großflächig saniert wurden, dominieren bei der Wärmeversorgung vor allem fossile Energieträger wie Ölheizungen, Gasheizungen oder sogar Nachtspeicheröfen. Die Verwendung von regenerativen Energiequellen zur Wärmeversorgung stellt die Ausnahme dar. Das gleiche gilt für die regenerative Energieversorgung durch Photovoltaik-Anlagen. Die unzureichende Gesetzeslage zur Finanzierung und zum Betrieb von PV-Anlagen schreckt viele Sportvereine vor diesem Investment ab.
Wieso sind Schwimmbäder besonders betroffen?
Mehr als 90 Prozent der Schwimmbäder werden aktuell mit Gas beheizt. Das Schwimmbad ist diejenige Sportanlage, die den höchsten Energiebedarf aufweist. Sie werden fast ausschließlich durch Kommunen oder private Betreiber betrieben. Nur wenige Sportvereine besitzen ein vereinseigenes Schwimmbad.